Aufbau der Ernährungswirtschaft und erste Maßnahmen
Die ersten Anfänge eines Aufbaues der Ernährungswirtschaft liegen verhältnismäßig weit zurück; sie fallen nicht etwa erst in die Zeit unmittelbar vor oder nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Schon das Gesetz über den vorläufigen Aufbau des Reichsnährstandes und Maßnahmen zur Markt- und Preisregelung für landwirtschaftliche Erzeugnisse vom 13. 9. 1933 ließ deutlich die Tendenz erkennen, daß die deutsche Landwirtschaft in den Stand gesetzt werden müsse, die Ernährungswirtschaft vom Auslande unabhängig zu machen und für den Fall eines Krieges das Nahrungsbedürfnis des deutschen Volkes möglichst voll zu befriedigen. Zur Einsparung von Devisen für den Rüstungsbedarf war schon lange vor Beginn des Zweiten Weltkrieges die Einfuhr von Nahrungsmitteln der verschiedensten Art stark gedrosselt worden.
Nach dem oben genannten Gesetz wurde der Reichsnährstand gebildet, eine nach dem Führerprinzip geleitete Nazi-Organisation, der sämtliche Betriebe der Erzeugung, Erfassung, Be- und Verarbeitung sowie der Verteilung angegliedert waren. Diese neue öffentlich-rechtliche Körperschaft gliederte sich nach unten auf in die meist das Gebiet einer Provinz umfassenden Landesbauernschaften und in die mit den politischen Kreisen grundsätzlich sich deckenden Kreisbauernschaften, um dann endlich in die örtlich begrenzten Ortsbauernschaften auszumünden. Während die oberste Leitung bei dem Reichsbauernführer lag, der zugleich auch der Ernährungsminister war, standen an der Spitze der untergeordneten Gliederungen ehrenamtliche Landes-, Kreis- und Ortsbauernführer.
Der Reichsminister für Ernährung konnte zur Regelung der Erzeugung, des Absatzes sowie der Preise die Einrichtungen und Unternehmen, welche landwirtschaftliche Erzeugnisse herstellten oder verteilten, zusammenschließen. Die so entstandenen, für bestimmte Gebiete gebildeten Marktverbände waren Träger der reichsnährstandlichen Marktordnung. Sie erfaßten in ihrem Raum als pflichtmäßige Zusammenschlüsse alle Wirtschaftsstufen der gleichen Branche, vom Erzeuger bis zum Verteiler. Diese regionalen Zusammenschlüsse wurden für das gesamte Reichsgebiet zu Hauptvereinigungen zusammengefaßt, um die einheitliche Lenkung und ausgleichende Versorgung zu gewährleisten.
Die rechtliche Grundlage für die Ernährungszwangswirtschaft bildete die schon einige Tage vor Kriegsbeginn herausgegebene Verordnung über die öffentliche Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 27. 8. 1939. Sie löste in ihrem ersten Teil organisatorische Fragen und regelte in einem zweiten Teil das Kartenwesen, die Stellung der Selbstversorger, die Versorgung der Wehrmacht, des Arbeitsdienstes und der übrigen Kriegsformationen, die Beschlagnahme aller bewirtschafteten Nahrungsmittel sowie die Pflichten der Erzeuger, der be- und verarbeitenden Betriebe und der Verbraucher. Ergänzt wurde sie durch die Kriegswirtschaftsverordnung vom 4.9.1939, das Gesetz über den Warenverkehr vom 18.9.1939 und die Verbrauchsregelungs-Strafverordnung, die ursprünglich mit in der Verordnung vom 27.8.1939 enthalten war, am 6.4.1940 aber als besondere Verordnung erschien und durch eine weitere Verordnung vom 25. 3. 1942 ergänzt und erweitert wurde.
Die Vorbereitungen für eine im Kriegsfall notwendig werdende Zwangsbewirtschaftung waren auf Grund der im Ersten Weltkriege gemachten Erfahrungen schon vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bis in alle Einzelheiten getroffen worden. So waren schon Monate vor Kriegsbeginn den unteren Verwaltungsbehörden die für die gesamte Bevölkerung erforderlichen Lebensmittelkarten zugegangen, die bei Durchgabe eines bestimmten Stich-
Wortes ausgegeben werden sollten. Das war auch in Bochum geschehen, so daß bereits am Abend des 27.8.1939 die gesamte Bevölkerung in den Besitz der Karten gelangte. Die 1. Zuteilungsperiode begann mit dem darauffolgenden Tage, also mit dem 28.8.1939
Während ursprünglich diese Perioden auf 4 Wochen bemessen waren, sind sie mit Wirkung vom 1.3. 1948 auf einen Zeitraum von je einem Monat abgestellt worden.
Die Verordnung über die Wirtschaftsverwaltung vom 27. 8. 1939 sah für den Fall des Kriegsausbruchs die Bildung von Provinzialernährungsämtern bei den Oberpräsidenten vor. Sie erhielten vom 1.12.1942 ab die Bezeichnung ,,Landesernährungsämter". In den Stadt- und Landkreisen entstanden die Ernährungsämter.
Sämtliche Landes- und Kreisernährungsämter setzten sich aus den Abteilungen A und B zusammen. Die Leiter der ersteren waren die Landes- oder Kreisbauernführer, die der letzteren Beamte der Behörden, bei denen sie gebildet waren. Der Abteilung A oblag die Sorge für die Bedarfsdeckung und damit insbesondere die Aufsicht über die Wirtschaftsführung in den Erzeugerbetrieben, die Ueberwachung der Selbstversorger und der Saatgutmengen sowie die Durchführung von Bestandserhebungen und Statistiken.
Der Abteilung B fiel vornehmlich die Verbrauchsregelung zu, vor allem die Festsetzung der auszugebenden Lebens- und Futtermittelmengen, die Ausgabe der Lebensmittelkarten und die Versorgung der Lebensmittelgeschäfte mit Bezugsrechten. Im einzelnen ergibt sich die Tätigkeit der Abteilung B aus den nachfolgenden Abschnitten.
In der Stadt Bochum war die Hauptabteilung des Ernährungsamts im Rathause, die Ausgabestelle für beurlaubte Wehrmachtsangehörige, die Markenabrechnungsstelle und die etwas später eingerichtete Kartenkasse außerhalb des Rathauses untergebracht. Zur Erleichterung für die Bewohner der Vororte waren 9 Verwaltungsstellen für das Ernährungs- und Wirtschaftsamt mit der Durchführung der wichtigsten Aufgaben beauftragt. Außerdem waren für die Kartenausgabe und für die Um-, An- und Abmeldungen in Ernährungsangelegenheiten im gesamten Stadtbezirk 48 Außenstellen eingerichtet, die gleichzeitig auch Aufgaben des Wirtschaftsamts erfüllten. Nähere Ausführungen über diese Außenstellen und ihre Aufgaben enthält das Kapitel „Zentrale des Ernährungs- und des Wirtschaftsamtes". Durch Fliegerangriffe im Mai 1943 und in der darauffolgenden Kriegszeit wurde das Ernährungsamt mehrfach sehr stark betroffen. Verschiedene Abteilungen mußten öfter die unbenutzbar gewordenen Diensträume wechseln und vernichtete Kartenbestände und sonstige Unterlagen unter großen Schwierigkeiten neu erstellen. Am 4.11.1944 wurden die Räume der Kartenkasse zerstört und das Gewölbe verschüttet, das alle für die nächste Verteilung vorgesehenen Karten barg. Auch die außerhalb des Rathauses untergebrachte Hauptabrechnungsstelle wurde gelegentlich eines Luftangriffs vollständig zerstört und wiederholt schwer beschädigt, so daß ein Raumwechsel und eine Erneuerung der vernichteten Unterlagen erfolgen mußte. Die eben erwähnte Stelle für Wehrmachtsurlauber hat sogar dreimal ihre Räume wechseln müssen.
Am Ende der Berichtszeit betrug der Personalstand des Ernährungsamts ohne Verwaltungs- und Außenstellen 8 Beamte und 57 Angestellte.
Die einzelnen Lebensmittelarten
a) Allgemeines
Die rechtliche Grundlage für die Bewirtschaftung der Lebensmittel bilden einige Verordnungen vom 7. 9. 1939. Sie bestimmten die Lebensmittel, die bewirtschaftet werden sollten und trafen Anordnungen über den Bezug dieser Lebensmittel durch die Verbraucher, über die Verwendung durch die Selbstversorger und deren Ueberwachung sowie über die Grundsätze, die bei der Be- und Verarbeitung der entsprechenden Erzeugnisse zu beachten waren.
b) Brot, andere Backwaren, Mehl, Nährmittel
Gleich zu Beginn des Krieges wurden folgende Getreidearten und Erzeugnisse bewirtschaftet: Roggen, Weizen, Spelz, Emer, Einkorn, Erbsen, Bohnen, Linsen Wruken, Lupinen, tierische und pflanzliche Futtermittel, Reis, Kaffee-Ersatz und Kaffee-Zusatzmittel, schwarzer und grüner Tee, ferner die als Getreideerzeugnisse geltenden Nährmittel, zu denen vor allem Graupen, Grieß, Grütze, Haferflocken und Teigwaren gehören.
Zwar konnten von den gerade genannten Lebensmitteln die verschiedenen Brotarten und Hülsenfrüchte noch während der 1. Versorgungsperiode frei gehandelt werden. Aber schon von der 2. Periode ab wurde auch eine Reichsbrotkarte für folgende Altersgruppen ausgegeben:
0— 6 Jahre, 6—10 „ über 10
Die Schwer- und Schwerstarbeiter erhielten besondere Brotzulagen.
Die ersten Wochenrationssätze betrugen:
1100 g Brot oder 600 g Brot und 375 g Mehl für Kinder von 0—6 Jahren,
1700 g Brot oder 1200 g Brot und 375 g Mehl für Kinder von 6—10 Jahren,
2400 g Brot oder 1900 g Brot und 375 g Mehl für Normalverbraucher über 10 Jahre,
3800 g Brot oder 2800 g Brot und 750 g Mehl für Schwerarbeiter,
4800 g Brot oder 3800 g Brot und 750 g Mehl für Schwerstarbeiter.
Während des Krieges konnten fortlaufend größere Vorräte an Brotgetreide gelagert werden. Auch wurden ständig für mehrere Wochen ausreichende Mehlvorräte sowohl beim Handel wie auch in den Bäckereien gelagert. Somit waren die Brotrationen während des Krieges allzeit gesichert.
Die Verordnung vom 5. 7. 1942 erlegte den Erzeugern aller Getreidearten die Verpflichtung auf, jegliches Brotgetreide abzuliefern. Von dieser Pflicht waren nur gewisse Mengen ausgenommen, unter ihnen vor allem diejenigen, die der menschlichen Ernährung innerhalb des Betriebes und der Verwendung für Saatzwecke zu dienen bestimmt waren. Für die Tierfütterung durfte hinfort kein Getreide mehr verwendet werden, mit Ausnahme der für die Schweinemast besonders zugelassenen Mengen.
Die ersten größeren Schwierigkeiten in der Versorgung traten erst ein, als gegen Ende des Krieges die Truppen der Alliierten immer weiter vorrückten und damit unser Gebiet von den aus dem Osten und aus Mitteldeutschland kommenden Mehllieferungen abgeschnitten wurde. Es bestand jetzt nur noch die Möglichkeit, das Mehl aus weiter abgelegenen Gegenden heranzuschaffen. Diesen Transporten stellten sich jedoch die neuen Schwierigkeiten entgegen, die durch den Ausfall von Eisenbahnstrecken infolge der Luftangriffe bedingt waren. Bei alledem ist es aber im Jahre 1945 immer noch möglich gewesen, die erforderlichen Mehlmengen zu beschaffen. Größere Stockungen traten indessen ein, als die Reserven verbraucht waren, da die eigene Ernte den Bedarf nur zu einem geringen Teil deckte und Einfuhren aus dem Ausland nicht immer reibungslos erfolgten. Verspätete Zufuhren waren auch noch im Jahre 1946 -zur Regel geworden. Von einer gleichmäßigen Versorgung in Höhe der oben angegebenen Rationssätze konnte mithin nicht mehr die Rede sein, wenn auch manchmal verspätet eintreffende Transporte Nachlieferungen ermöglichten. Vom Frühjahr 1947 ab nahm die Versorgungslage geradezu ernsthafte Formen an. Nunmehr blieben die zugeteilten Mengen in jeder Versorgungsperiode hinter den vorgesehenen Rationssätzen zurück. Die auf allen Gebieten der Lebensmittelversorgung auftretenden Mangelerscheinungen steigerten sich bis zur Hungersnot. Erst gegen Ende der Berichtszeit kam die Brotversorgung durch reichlichere Einfuhr wieder in normalere Bahn.
Von der 2. Versorgungsperiode ab (25.9.1939) wurden für Nährmittel und Kaffee-Ersatz besondere Lebensmittelkarten eingeführt. Sie führten später die Bezeichnung Nährmittelkarten. In der ersten Zeit dienten sie auch nach dem jeweiligen Aufruf zum Bezüge von Eiern, Kunsthonig und Tee. Vom 23. 9. 1940 ab erfolgte eine Einteilung dieser Karten nach den Altersgruppen 0-18 und über 18 Jahre, obwohl die Rationen die gleichen blieben. Bis zur 68. Periode beliefen sie sich auf 600 g für 4 Wochen. Diese Nährmittel-Rationen waren bis zum 22.9.1940 aufgeteilt in 500 g Getreidenährmittel und 100 g Kartoffelstärke-Nährmittel. Von diesem Zeitpunkt ab erfolgte bei jeder Periode eine neue Festsetzung der Einteilung. Zu bemerken ist noch, daß im Rahmen der für die Getreidenährmittel vorgesehenen Ration vom 8.4.1940 ab ein Teil abgetrennt wurde, der für den Bezug von Teigwaren bestimmt war; besonders gekennzeichnete Marken stellten die Bezugsrechte für diese Teigwaren dar. Bis zum Herbst 1943 konnten vielfach statt der Getreidenährmittel Reis oder Hülsenfrüchte, manchmal auch Kondensmilch oder Kunsthonig geliefert werden. In einigen Versorgungsperioden gab es auf die Nährmittelkarten - später auf die entsprechenden Abschnitte der Grundkarte - zusätzliche Sonderzuteilungen an Reis und Hülsenfrüchten. Die Kaffee-Ersatz-Zuteilung belief sich in der ersten Zeit auf 400 g. Von April 1942 ab betrug sie 312,5 g, von September 1942 ab nur noch 250 g. Am Ende der Berichtszeit wurden nur noch 125 g verausgabt.
Nach dem Einzug der alliierten Streitkräfte änderte sich die Nährmittelversorgung wesentlich. Es unterblieb hinfort eine Aufgliederung nach den verschiedenen Nährmittelarten. Die Rationssätze wurden aber erhöht, um dadurch einen Ausgleich für den Wegfall anderer Lebensmittelarten zu schaffen. Leider stellte sich aber im Jahre 1946 heraus, daß die erhöhten Rationen nicht voll beliefert werden konnten.
Vom Sommer 1946 ab bis zum Frühjahr 1948 war eine Belieferung mit den aufgerufenen Nährmittelmengen im ganzen unmöglich geworden. Auch Nachlieferungen konnten nicht stattfinden. Der Grund hierfür lag vornehmlich in der völlig unzureichenden Brotversorgung, so daß die ursprünglich für die Nährmittelerzeugung vorgesehenen Getreideprodukte zur Ausfüllung der Lücken in der Brotversorgung dienen mußten.
c) Fleisch und Fisch
Der Fleischbewirtschaftung unterlagen auf Grund der Verordnung vom 7. 9. 1939 das Rindvieh einschließlich der Kälber, Schweine, Schafe, Pferde, das Schalenwild, Wildkaninchen und Fasanen. Die nachfolgende Aufstellung gewährt eine Übersicht über die Zuteilungen für erwachsene Normalverbraucher:
Die rationierten Mengen wurden während des Krieges ohne Schwierigkeiten ausgegeben. Auch ein Ausgleich zwischen den verschiedenen Fleischsorten war zumeist noch möglich. Selbst nach Einstellung der Feindseligkeiten blieben die Zuteilungen noch einige Monate hindurch gesichert. Dann aber zeigten sich Stockungen, die bis zum Ende der Berichtszeit nicht mehr behoben werden konnten. Die Rationssätze mußten verringert werden, und häufig genug war die Belieferung nicht möglich. Schweinefleisch blieb fast völlig aus, und die Qualität des übrigen Fleisches ließ stark nach. Eine Ergänzung durch Fleisch von jagdbaren Tieren war ebenfalls schon längere Zeit vor dem Ende der Berichtsperiode nicht mehr möglich gewesen. Mit ihr ist auch in der Folgezeit vorläufig nicht zu rechnen, weil die Jagden völlig darniederliegen. Angesichts des viel zu geringen Viehbestandes im eigenen Lande kann nur eine Einfuhr aus Überschußländern die Fleischversorgung einigermaßen wieder heben.
Zur Regelung der Versorgung mit Fischen wurden einige Zeit nach Kriegsbeginn bei den Fischhändlern Kundenlisten geführt, in die sich jeder Abnehmer eintragen lassen konnte. Wenn Fische anfielen, wurden die Kunden gegen Abgabe der an sie ausgegebenen Fischkarten beliefert.
Nach dem Einzug der Besatzungstruppen hörten die Fischzuteilungen zunächst auf. Erst gegen Ende August 1945 wurde eine Fischzuteilung wieder möglich; sie hatte dann aber die Abgabe von Fleisch in der Weise zu ersetzen, daß die für die letztere vorgesehenen Rationssätze verdoppelt die abzugebende Fischmenge bestimmten. Das Verhältnis Fleisch zu Fisch war also = l : 2. In späterer Zeit - etwa zu Beginn des Jahres 1946 - sah ein besonderer Abschnitt der Lebensmittelkarte die Belieferung mit Fischen vor. Es gab entweder 300 g küchenfertige Frischfische oder die gleiche Menge verarbeiteter Fische. Die Fleischration wurde aber jedesmal um 150 g gekürzt. Ab März 1946 gestalteten sich die Fischzuteilungen etwas besser. Sie schwankten von da ab zwischen 450 und 750 g je Zuteilungsperiode für alle Verbraucher über drei Jahre, erreichten in den Monaten Mai und Juni 1946 sogar den Stand von 900 g.
d) Fett
Auch für die Bewirtschaftung der verschiedenen Arten des Speisefetts war die Verordnung vom 7. 9. 1939 die rechtliche Grundlage. Bis Anfang Mai 1945 machte man keinen Unterschied zwischen den einzelnen Fettarten. Erst von diesem Zeitpunkt ab stellte man eine gewisse Relation auf, und zwar in der Weise, daß einander wertmäßig gleichzusetzen seien 100 g Butter oder Margarine mit 80 g Oel und 62,5 g Speck mit 50 g Schmalz (später auch Butterschmalz).
Wie bei den anderen Lebensmittelarten war auch die Versorgung mit Fett in Höhe der vorgesehenen Rationssätze während des Krieges jederzeit gesichert. Ab Mitte 1946 trat allerdings eine sehr fühlbare Kürzung ein, jedoch war bis Ende dieses Jahres die Belieferung immer noch möglich. Erst vom Beginn des Jahres 1947 an blieben die Zuteilungen hinter den vorgesehenen Sätzen zurück. Von dieser Zeit ab wirkten sich die viel zu geringen Fettzuteilungen als größte Schäden in der Ernährungsweise sichtbar aus.
e) Milch und Käse
Die in Bochum zur Verteilung gelangende Milch wird in der Hauptsache von auswärtigen Molkereien eingeführt, so aus dem Münsterland und den Kreisen Soest und Lübbecke. Die Nachbarkreise Wattenscheid und Ennepe-Ruhr sind nur zu einem Teil an der Belieferung mit Frischmilch beteiligt. Die in Bochum selbst erzeugte Milchmenge ist verhältnismäßig gering; seit dem Zusammenbruch ist sie infolge der großen Verringerung der Milchviehbestände stark zurückgegangen. Sie liegt am Ende der Berichtsperiode nur noch bei etwa 17 %.
Vom Beginn des Krieges ab konnte die große Masse der Verbraucherschaft noch mit entrahmter Frischmilch versorgt werden. Allerdings richtete sich die zu verausgabende Menge nach dem jeweiligen Milchanfall und war infolgedessen gewissen Schwankungen unterworfen. Immerhin war die Belieferung eines jeden Verbrauchers mit 1/4 l täglich durchweg möglich. Erst nach dem Zusammenbruch zeigte sich auch auf diesem Ernährungssektor ein erheblicher Rückgang. Häufig genug konnte nicht einmal 1/4 l je Woche ausgegeben werden. Für die Versorgung mit Vollmilch waren alle Kinder bis zum 14. Lebensjahr vorgesehen. In den ersten drei Versorgungsperioden wurden den Kindern bis zum 6. Lebensjahre 3/4 l Milch täglich zugeteilt, den Kindern vom 6. bis 14. Lebensjahre je 1/4 1. Von der 4. Versorgungsperiode ab (20. 11. 1939) erfolgte bereits eine Herabsetzung in der Weise, daß die Kinder vom 3. bis zum 6. Lebensjahre nur noch je ½ l erhielten. Die Zuteilungen in diesen Ausmaßen konnten bis Ende Mai 1945 beibehalten werden. Von da ab war nur noch die Belieferung der Kinder bis zum 6. Lebensjahre mit Vollmilch möglich, und zwar betrug die zugewiesene Menge je Tag ½ 1. Von Februar 1946 ab war es möglich, auch die Kinder vom 6. bis 10. Lebensjahre wieder mit je 1/4 l täglich zu versorgen, und von April 1946 ab konnte erfreulicherweise die Säuglingsration auf 3/4 l täglich heraufgesetzt werden. Seit Anfang Februar 1947 beziehen die Kinder bis zu drei Jahren wieder 3/4 l, darüber hinaus die Kinder bis zu 6 Jahren 1/2 l Milch, während die Kinder über 6 Jahre keine Vollmilch erhalten.
Auf Grund ärztlichen Attestes erhalten auch die Kranken, außerdem gewisse Gruppen von Arbeitern, die mit Giftstoffen umgehen müssen, und die werdenden und stillenden Mütter Vollmilch. Während der ersten Monate des Krieges konnte man auch noch die über 70 Jahre alten Personen in die Vollmilchversorgung einreihen; sie bekamen täglich 1/4 1. Erst seit Beginn des Jahres 1947 ist auch deren Belieferung wieder möglich geworden.
Die gesamte Milchversorgung erfolgt nach den Weisungen der für die Bewirtschaftung zuständigen Stellen durch die Milchverwertungsgenossenschaft in Bochum. Sie regelt die Ausgabe an die einzelnen Verteiler, die für die verschiedenen Stadtbezirke eingesetzt sind. Die Verteiler stellen den Verbrauchern die diesen zustehenden Milchmengen gegen Marken- oder Bestellscheinabgabe zu.
Die in den Jahren 1946 und 1947 fehlende entrahmte Frischmilch wurde durch entrahmte Trockenmilch und Kondensmilch ersetzt.
Die Versorgung der Bevölkerung mit Käse war seit Beginn des Krieges dadurch möglich, daß Zuweisungen in größeren Mengen aus den Ueberschußgebieten erfolgten. In den ersten Versorgungsperioden betrugen die Zuteilungen 280 g je Verbraucher. Unterschiede nach Altersgruppen wurden dabei nicht gemacht. Bis zum Zusammenbruch bewegten sich die Rationssätze zwischen den beiden Grenzen von 250 und 187,5 g je Zuteilungsperiode. Hin und wieder konnten Sonderzuteilungen in Höhe von 62,5 g erfolgen. Häufiger bestand die Möglichkeit, an Stelle von Käse Quark in doppelter Höhe auszugeben. Von Oktober 1945 ab gingen die Rationssätze für Käse erheblich zurück; sie betrugen von da ab durchweg 62,5 g je Person für 4 Wochen.
f) Zucker und Marmelade
Auch diese Nahrungsmittel unterlagen gleich bei Ausbruch des Krieges der Bewirtschaftung. Anfänglich wurden die Rationssätze einheitlich auf 1000 g Zucker und 400 g Marmelade je Verbraucher festgesetzt. Aber schon von der 3. Zuteilungsperiode ab (23.10.1939) erfolgte eine Aufgliederung nach Altersgruppen bei Kindern in der Weise, daß Kinder bis zu 6 Jahren 400 g Marmelade und 125 g Kunsthonig, und Kinder von 6 bis 14 Jahren 600 g Kunsthonig erhielten. Von der 4. Versorgungsperiode ab traten dann noch 125 g Kunsthonig hinzu. Vom 6.5.1940 ab wurde der allgemeine Zuteilungssatz für Zucker auf 900 g herabgesetzt. Dafür erhöhte sich aber die Marmeladenzuteilung auf 600 g. Zum gleichen Zeitpunkt trat eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses von Zucker und Marmelade ein. Während nämlich früher 400 g Marmelade einer Menge von 160 g Zucker gleichgestellt waren, konnten in der Folgezeit statt 600 g Marmelade 460 g Zucker eingekauft werden. Diese Verbesserung wirkte sich besonders günstig für die nachfolgende Einmachzeit aus. Am 13. 1. 1941 (19. Periode) wurde der Rationssatz für Marmelade um 100 g, also auf 700 g verbessert. Für .Kinder von 6 bis 14 Jahren gab es außerdem noch 200 g Marmelade, die auf die Reichsfettkarte verabfolgt wurden. Dieser Stand hielt sich bis März 1945. Dann trat eine Verschlechterung dadurch ein, daß die mit dem 5.3.1945 beginnende 73. Zuteilungsperiode auf 5 Wochen ausgedehnt wurde. In den beiden nächsten Perioden erhielten alle Verbraucher 500 g Zucker oder 1000 g Marmelade, und nur für die Kinder bis zu 6 Jahren wurden zusätzlich 125 g Kunsthonig ausgegeben. In der 76. Periode (beginnend mit dem 28.5.1945) gab es nur 125 g Zucker und keine Marmelade. Von Juni 1945 bis zum Ende der Berichtszeit bewegte sich die Zuckerzuteilung zwischen 250 und 1000 g, die Marmeladenzuteilung zwischen 250 und 500 g. Zwischendurch - insbesondere ab März 1948 - konnte zu gewissen Zeiten Marmelade wahlweise statt Zucker bezogen werden im Umtauschverhältnis von 450 : 250.
g) Kartoffeln
Wenngleich auch für Kartoffeln schon zu Kriegsbeginn eine Bewirtschaftung vorgesehen war, so war doch der Bezug dieses Hauptnahrungsmittels zunächst noch völlig frei. Erst als im Winter 1939/40 der Frost eingesetzt und der Transport mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, traten einige Hemmungen in der laufenden Versorgung ein. Deshalb ordnete auch der Reichsernährungsminister im September 1940 an, daß die Verbraucher in den Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern ihren Kartoffelbedarf in eine Kundenliste eintragen lassen sollten, die von den Kartoffelhändlern geführt wurde. Das Ernährungsamt stellte den Haushaltungen Kartoffelausweise aus, die den Zweck hatten, die Einkellerung zu überwachen und den laufenden Bedarf zu ermitteln, der dadurch entstand, daß ausreichende Einkellerungen nicht erfolgt waren. Dabei konnten bis zu 3 Ztr. Kartoffeln je Kopf der Bevölkerung eingekellert werden, wenn der Bezug unmittelbar vom Erzeuger erfolgte, während je 2 Ztr. über den Handel bezogen werden konnten. Um Doppelbezug zu vermeiden, konnten die Ernährungsämter bestimmen, für welche Zeit die eingekellerten Vorräte auszureichen hatten. Eine ähnliche Anordnung erging für das folgende Jahr im September 1941. Von einer Festsetzung der Höchstmengen hatte man zwar abgesehen. Dafür war aber wegen der Schwierigkeiten im Transportwesen die Einkellerungsaktion unter gleichzeitiger mengenmäßiger Aufgliederung auf verschiedene Zeitpunkte verlagert und eine Sperre vom laufenden Bezüge im Einzelhandel für die Haushaltungen eingeführt, die ihre Kartoffeln eingekellert hatten. Leider zeigten sich nach anfänglicher guter Belieferung viel zu früh starke Transporthemmungen. Der in diesem Winter sehr früh einsetzende Kälteeinbruch ließ deshalb eine restlose Durchführung des Kartoffelprogramms nicht mehr zu. Die Folge davon war, daß ab März 1942 die Kartoffelbewirtschaftung bis ins einzelne geregelt wurde. Es erfolgte zunächst eine starke Einschränkung des Kartoffelverbrauchs bei der Herstellung von Kartoffelerzeugnissen und bei der Tierfütterung. Außerdem wurden erstmalig Höchstmengen festgesetzt; auf jeden Verbraucher entfielen 2,5 kg je Woche unter gleichzeitiger Einführung eines Bezugsausweises.
Die Anordnung vom 3. 6. 1942 führte für 1942/43 einen Bestellschein ein, auf Grund dessen der Kleinhandel vom Großhandel nie Kartoffeln zu beziehen hatte. Die bis dahin bestehende Kundenliste war damit überflüssig geworden.
Schon bald darauf - am 18.8.1942 - erging ein neuer Erlaß des Reichsernährungsministers, der sich eingehend über den Kartoffelbezug sowohl für die Einkellerung wie auch für den laufenden Einzelhandel ausließ. Für den letzteren sah der Erlaß eine Höchstmenge von 4,5 kg je Verbraucher und Woche vor, während für die Einkellerung 4 Ztr. für 10 Zuteilungsperioden festgesetzt waren. Die Großhändler hatten die Einkellerung zu zwei verschiedenen Zeitpunkten auf Grund einheitlicher Einkellerungsscheine durchzuführen. Die von Kleinanbauern selbst gewonnenen Kartoffeln konnten von den Ernährungsämtern angerechnet werden, wobei diese von einer Anbaufläche von 250 qm für jede zum Haushalt gehörige Person als Mindestgrenze auszugehen hatten. Die bekannten Transportschwierigkeiten ließen auch in diesem Jahre die Einkellerung nur mit Unterbrechungen vor sich gehen. Glücklicherweise setzte die Kälte erst gegen Ende Dezember ein, so daß die Einkellerung auch noch während dieses Monats fortgesetzt werden konnte. Für die Befriedigung des laufenden Bedarfs waren in Bochum größere Mengen in heizbar gemachten Lagern aufgestapelt, so u. a. in dem Lager von Bertz an der Robertstraße.
Für die Einkellerung 1943/44 war die Regelung eine ähnliche wie im Vorjahre, nur war die Höchstmenge auf 3 Ztr. je Kopf der Bevölkerung für 9 Versorgungsperioden festgesetzt worden. Daß nach den immer stärker einsetzenden Luftangriffen die Schwierigkeiten bei der Einkellerung noch größer waren als in den Vorjahren, nimmt nicht Wunder. Die Höchstmenge wurde deshalb auf 2,5 kg je Verbraucher und Woche festgesetzt. Jetzt wurde auch erstmalig zum Ausgleich für die fehlenden Kartoffelmengen eine Belieferung mit Brot oder Mehl vorgesehen; an Stelle von 0,5 kg Kartoffeln konnten 150 g Roggenbrot oder 112,5 g Roggenmehl bezogen werden. Während nach den bisherigen Anordnungen die Anrechnung der von den Kleinanbauern erzeugten Kartoffeln den Ernährungsämtern überlassen war, wurde sie nunmehr zwingend vorgeschrieben. Um aber den Anbau für die Zukunft nicht völlig zu unterbinden, wurde eine Freigrenze bestimmt; sie belief sich auf höchstens l Ztr. je Haushalt und Jahr.
Die Einkellerung für das Jahr 1944/45 regelte der Erlaß vom 8.6.1944: 3 Ztr. je Verbraucher für 9 Zuteilungsperioden; 3,5 kg je Person und Woche für den laufenden Bezug. An Kleinanbauer, die je Haushaltungsmitglied 200 qm und mehr angebaut hatten, durften Bezugsrechte für Speisekartoffeln nicht ausgegeben werden. War die Anbaufläche geringer, so hatten die Ernährungsämter Bezugsabschnitte vom Kartoffelausweis entsprechend abzutrennen. Im Rahmen der Zuteilung konnte die Einkellerung im Herbst des Jahres 1944 noch ziemlich unbehindert vorgenommen werden.
Besonders große Schwierigkeiten setzten erst ein, als die alliierten Streitkräfte den Ring um die engere Heimat schon so gut wie geschlossen hatten. Von jetzt an war nur noch die notdürftigste Versorgung der Sozialanstalten, vor allem der Krankenhäuser, möglich. Für Einzelverbraucher standen Kartoffeln so gut wie nicht mehr zur Verfügung.
Vom 25. 6. 1945 ab bis Ende März 1948 bewegte sich die festgesetzte Kartoffelration für Normalverbraucher zwischen 8 bis 10 kg je Versorgungs-Periode. Für die 84. bis 86. Periode (Januar bis März 1946) wurden an Stelle von 4 kg Kartoffeln für die über 3 Jahre alten Verbraucher 8 kg Steckrüben oder l kg Brot oder 750 g Mehl aufgerufen. Für die beiden nachfolgenden Zuteilungsabschnitte sollte Brot oder Mehl an Stelle von Kartoffeln ausgegeben werden.
Vom Beginn des Jahres 1947 ab waren Kartoffeln im Handel überhaupt nicht mehr zu beziehen. Die Festsetzung der Rationen hatte also nur noch theoretische Bedeutung. Von einer Einkellerung, die schon im Jahre 1946 kaum noch möglich gewesen war, konnte nun gar keine Rede mehr sein. Die Folge davon war, daß sich die Bevölkerung selbst, so gut es ging, zu helfen versuchte und auf dem Lande gegen teures Geld oder durch Einhandeln von Waren des täglichen Gebrauchs Kartoffeln beschaffte. Die verhältnismäßig wenigen, in dieser Zeit verkehrenden Züge waren im höchsten Grade überfüllt. Verhärmt aussehende Menschen nahmen - bildlich und wirklich gesprochen - die größten Lasten auf sich, um ihre Familien mit dem wichtigsten und fast einzig noch vorhandenen Nahrungsmittel zu versorgen.
h) Obst und Gemüse
Die Gartenbauerzeugnisse unterlagen zunächst nicht der Bewirtschaftung. Erst im Oktober 1940 wurden Gemüsekonserven an die Großstadtbevölkerung unter besonderer Berücksichtigung der Zuckerkranken sowie an Krankenhäuser und Heime abgegeben. In dem unmittelbar nachfolgenden Winter wurden Äpfel an Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr sowie an Kranke und werdende Mütter verteilt. Jugendliche erhielten höchstens 5 kg, Kranke und werdende Mütter 10 kg. Aus etwa noch übrig gebliebenen Vorräten konnte die übrige Bevölkerung befriedigt werden.
Im Mai 1942 wurde durch eine Anordnung der Hauptvereinigung der Deutschen Gartenbauwirtschaft der unmittelbare Verkauf vom Erzeuger an den Verbraucher für bestimmte Obst- und Gemüsearten verboten. Das bedeutete also, daß in diesen Fällen unbedingt der Einzelhandel einzuschalten war. Trotzdem war aber, von einigen Ausnahmen abgesehen, der Handel mit diesen Gartenbauerzeugnissen frei.
Erst von Juni 1944 ab wurde die Erfassung von Obst und Gemüse beim Erzeuger straffer organisiert und eine schärfere Überwachung des Verkehrs zwischen dem Erzeuger und dem Verbraucher eingeführt. Gleichzeitig wurde angeordnet, daß der Erzeuger gewisse Kontingente abzuliefern hätte.
Bezugsbeschränkungen im Einzelhandel waren bis Kriegsende nicht angeordnet, wohl aber wurden zur Erzielung einer möglichst gleichmäßigen Verteilung an die Verbraucher ab 1942 Obst- und Gemüsekarten ausgegeben.
Nach der Besetzung wurde die Versorgung ständig schlechter. Auch die ausländischen Lieferungen vermochten den Bedarf nicht zu decken. Jedenfalls war in den Jahren 1946 und 1947 die Versorgung der Bevölkerung mit Obst und Gemüse völlig unzureichend. Auch der Ausgleich durch die Zuteilung von Steckrüben, Sauerkraut und Konserven war unbefriedigend. Zwar hat sich ein recht beachtlicher Teil der Bevölkerung durch die Anpflanzung von Gemüse in Kleingärten und auf dem Grabeland selbst zu versorgen bemüht, der äußerst trockene Sommer 1947 hat aber leider die Hoffnungen der meisten Selbstanbauer stark zunichte gemacht.
Die Versorgung mit Gartenbauerzeugnissen hat sich bis zum Ende der Berichtszeit wesentlich nicht gebessert; nur hin und wieder konnten infolge vermehrter Importe einige Rationserhöhungen vorgenommen werden.
i) Sonstige Lebensrnittel
Hier interessiert zunächst die Eierbewirtschaftung. Die Verordnung vom 23. 2. 1940 regelte erstmalig die Erfassung der Eier bei den Geflügelhaltern. Diese durften vorerst ihren eigenen Bedarf decken und den Überschuß, der aber mengenmäßig noch nicht bestimmt war, nur an gewerbliche Betriebe, Krankenhäuser und Nichtselbstversorger gegen Bestellschein oder an Einzelhändler gegen Bezugschein abgeben. Am 8. 12. 1941 wurde angeordnet, daß die Abgabe nicht mehr gegen Eierkartenbestellscheine, sondern nur noch gegen Berechtigungsscheine erfolgen durfte.
Im Jahre 1942 wurde die Anzahl der abzuliefernden Eier festgelegt; je Huhn oder Ente mußte der Hühnerhalter im Jahr 60 Eier abgeben. Es wurde aber von vornherein 1 ½ Huhn oder Ente je Haushaltsmitglied des Selbstversorgers nicht mitgezählt. An der abzugebenden Menge hat sich auch in den Jahren 1943 und 1944 nichts geändert, nur wurde die Zahl der unberücksichtigt bleibenden Hühner und Enten auf l je Haushaltsmitglied herabgesetzt. Jedenfalls erhielten alle Verbraucher während der Kriegszeit jährlich 50 bis 70 Eier, und außerdem konnten die Kranken- und sonstigen Versorgungsanstalten, die Bäckereien, Konditoreien und Gaststätten durchweg angemessen versorgt werden. Nach der Besetzung fiel die Versorgung mit Eiern fast ganz aus. Zwar wurden die Abgabevorschriften nicht unerheblich verschärft, es fehlte jedoch an den nötigen Kräften, die mit der Erfassung und der Erzwingung der Ablieferung hätten betraut werden müssen. Außerdem machten die Transport- und Verpackungsschwierigkeiten die Einfuhr von Eiern unmöglich. Nach 1945 ließ sich nur noch eine sehr eingeschränkte Versorgung der Krankenanstalten durchführen.
Die Zuteilung von Bohnenkaffee erfolgte während der Kriegs- und Nachkriegszeit naturgemäß in engstem Rahmen. In den Jahren 1940 und 1941 hat es einige Male an Stelle von 125 g Kaffee-Ersatz 60 g Bohnenkaffee gegeben. Außerdem erhielten alle über 18 Jahre alten Verbraucher bis 1943 zu Weihnachten Sonderzuteilungen. Solche wurden auch nach schweren Bombenangriffen öfter ausgegeben. Nach dem völligen Zusammenbruch wurde Bohnenkaffee erst wieder gegen Ende 1946 in kleinsten Mengen verausgabt, und zwar erhielten alle Verbraucher je 25 g. Bei diesen Kleinzuteilungen verblieb es auch in den folgenden Jahren bis zum Ende der Berichtsperiode.
Die Abgabe von Tee erfolgte während der Kriegs- und Nachkriegszeit ebenfalls nur in einigen Sonderzuteilungen.
Kakao erhielten nur die Kleinkinder während des Krieges laufend in Form von Kakao-Pulver. Nach der Besetzung gab es einmal Kakao an Stelle von Kaffee-Ersatz.
Bei der Abgabe von Bienenhonig sind während der gesamten Berichtszeit nur Kinder und Jugendliche berücksichtigt worden. Die Zuteilungen waren mengenmäßig sehr gering. Eine Anordnung aus dem Jahre 1946 bestimmte, daß Bienenhonig nur gegen Zuckerberechtigungsscheine im Verhältnis 1:1 an Kinder und Krankenanstalten ausgegeben werden durfte. Backhilfsmittel, Kartoffelwalzmehl und Gewürze unterliegen seit 1941 ebenfalls der Bewirtschaftung.
Die Zulagen
Arbeiterzulagen
Schon bei Ausbruch des Krieges war man sich darüber klar, daß den Arbeitern, deren körperliche Kräfte besonders beansprucht wurden, zur Erhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit Nahrungsmittelzulagen gewährt werden müßten; der stärkere Kräfteverbrauch rechtfertigte die bewußte Heraushebung dieser Zulageempfänger aus dem Bereich der Normalverbraucher. Zu Beginn der Bewirtschaftung wurde nur der Kreis der Schwerarbeiter als zulagebedürftige Verbrauchergruippe besonders hervorgehoben. In späterer Zeit wurden jedoch die Kreise der Zulageempfänger erheblich vermehrt; so sprach man z. B. außerdem von Schwerst-, Lang- und Nachtarbeitern, von Teil- und Halbschwerarbeitern und nach dem Zusammenbruch auch von Bergschwer- und Bergschwerstarbeitern.
Die zuerst genannten Schwerarbeiter erhielten in der ersten Zeit der Bewirtschaftung je Tag 70 g Fleisch oder Fleischwaren und 50 g Fett mehr als die übrigen Verbraucher. Die den besonders bezeichneten Wirtschaftszweigen angehörigen Arbeitgeber mußten die normalen Lebensmittelkarten ihrer Arbeitnehmer einfordern und den Arbeitsämtern zur Abstempelung vorlegen. Damit war die Voraussetzung für den Bezug der zusätzlichen Lebensmittel geschaffen. Aber schon von der 2. Versorgungsperiode ab wurden besondere Karten an die Schwer- und Schwerstarbeiter ausgegeben. Die Betriebsführer der in Betracht kommenden Produktionsstätten mußten Listen aufstellen, aus denen sich die ihrer Ansicht nach zulagebedürftigen Arbeiter ergaben. Nach Begutachtung der Gewerbeaufsichtsämter entschied dann das Ernährungsamt über die Ausgabe der besonderen Verbraucherkarten. An Zulage gab es
für Schwerarbeiter: 9200 g Brot, 2 000 g Fleisch und 450 g Fett,
für Schwerstarbeiter: 17200 g Brot, 2800 g Fleisch und l 880 g Fett.
In der 3. Versorgungsperiode wurden die Unterschiede zwischen den beiden genannten Gruppen dadurch etwas ausgeglichen, daß die Fettzulage der Schwerarbeiter auf 540 g, die der Schwerstarbeiter auf nur l885 g erhöht wurde.
Am 20. 11. 1939 wurde das Kartensystem wiederum geändert; die Schwer- und Schwerstarbeiter erhielten nun wieder die Karten der Normalverbraucher, daneben aber besondere Zulagekarten. Zur gleichen Zeit erweiterte sich der Kreis der Mehrempfänger um die Lang- und Nachtarbeiter, die je Periode 2 400 g Brot, 400 g Fleisch und 80 g Fett als Zulage erhielten.
Nach der Besetzung trat hinsichtlich der Zusatzversorgung zunächst eine Unterbrechung ein. Wohl aber erhielten in dieser Zeit die Werksküchen erhöhte Rationen. Ab Ende Juni 1945 kehrte man jedoch wieder zu dem alten System der Ausgabe von Zusatzkarten für Schwer- und Schwerstarbeiter zurück. Nach Verlauf eines weiteren Monats traten als neue Kreise der Zulageempfänger die Gruppen der Bergschwer- und Bergschwerstarbeiter hinzu, für die noch höhere Rationen ausgeworfen wurden als für die übrigen Arbeiter. Die kurz vorher wieder eingeführten Sonderzusatzkarten fielen erneut weg, indem man das Kartensystem umstellte auf die Unterscheidung zwischen den in Werksküchen Verpflegten und den übrigen Zulageempfängern. Von Mitte September 1945 ab trat die Gruppe der Halbschwerarbeiter neu hinzu. Für diese wurden Schwerarbeiterzusatzkarten nur in der zweiten und vierten Woche jeder Versorgungsperiode ausgegeben. Zu ihnen gesellten sich von der 90. Zuteilungsperiode. (24. 6. 1946) ab die Teilschwerarbeiter, die hinsichtlich der Zusatzversorgung etwa auf der Mitte zwischen den Halbschwer- und Schwerarbeitern lagen. Nach der Besetzung wurde der in der Kriegszeit streng durchgeführte Grundsatz, nach dem Zulagen nur den körperlich schwer Arbeitenden zustehen sollten, insofern gelockert, als eine zusätzliche Versorgung auch gewissen anderen Personen zugestanden wurde. So erhielten beispielsweise die Polizeidienstkräfte in der ersten Zeit die Schwerstarbeiterzulage, die allerdings später auf die Schwerarbeiterzulage zurückgeführt wurde. Ab 1. 4. 1946 wurde den Lokomotivführern und Heizern der Reichsbahn die Schwerstarbeiterzulage zugesprochen, eine Vergünstigung, die vom 24. 6. 1946 ab auch die gleichen Dienstkräfte der Privatbahnen erhielten. Den zum Fahrdienst für Straßenbahnen und Omnibusse bestimmten Personen wurden Mittelschwerarbeiterzulagen zuerkannt. Von Mitte September 1946 ab wurden die Angehörigen der Berufsfeuerwehren Empfänger von Schwer- und die Waldarbeiter von Schwerstarbeiterzulagen. Von Mitte Oktober 1945 ab beziehen gewisse in englischen Diensten stehende Personen - z. B. Gefängnisaufseher und Autofahrer - Schwerarbeiterzulagen.
Außer den bisher genannten Zulagen größeren Umfangs gab es und gibt es auch noch gewisse kleinere Zusatzversorgungen, so z. B. für Hitze-, Staub- und Kältearbeiter, die während des Krieges und dann wieder seit Mitte Oktober 1946 Kaffee Ersatzzulagen erhielten, während den mit Giftstoffen arbeitenden Werktätigen Milchzulagen zugesprochen wurden.
Zum Schluß noch ein Wort über die Werksküchen. Ihrer hat mit gutem Recht die Ernährungswirtschaft besonders gedacht. Sie erhielten Sonderzuteilungen vornehmlich an Mehl, Nährmitteln, Zucker, Eiern und Hülsenfrüchten und seit 1941 auch an Fett. Die Sonderzuteilungen erfolgten bis 1943 nicht in gleicher Höhe. Von dieser Zeit ab wurden Einheitssätze festgesetzt, deren Höhe sich nach den Verpflegungstagen und der Anzahl der Betriebsangehörigen bestimmte. Je Tag und Person wurden gewährt 5 g Mehl, 10 g Nährmittel, 7 g Suppenerzeugnisse, 3 g Hülsenfrüchte, 0,03 l entrahmte Frischmilch, 0,5 kg Kartoffeln, höchstens 6 g Zucker und außerdem Gewürze in wechselnder Höhe. Nach dem Zusammenbruch konnten die Werksküchen vorübergehend zusätzlich nicht mehr versorgt werden. Erst von Ende Mai 1945 ab bestand wieder die Möglichkeit, die Werksküchen mit 100 g Nährmittel, l 500 g Kartoffeln und Gemüse zu beliefern bei Abtrennung eines hierfür besonders vorgesehenen Abschnittes der Lebensmittelkarten. Diese Art der Zusatzversorgung der Werksküchen wurde solange beibehalten, bis die Arbeiterzulagekarten wieder eingeführt wurden. Von dieser Zeit ab waren die Werksküchen auf die Markenabgabe der Betriebsangehörigen angewiesen.
Quelle: Verwaltungsbericht der Stadt Bochum, 1938 - 1948, Papierwerk Bochum , Seite 44 - 53