Umnutzung altbergbaulicher tagesnaher Grubenbaue für Luftschutzzwecke

Zur Herstellung untertägiger bombensicherer Luftschutzanlagen in abgeworfenen Grubenbauen waren vorbereitende Verwahrungsmaßnahmen erforderlich. Zu diesem Zweck wurden ab 1941 Bergbaufachleute (Ingenieure) bevorzugt aus dem mitteldeutschen Raum, bei OT Maßnahmen, im Ruhrgebiet eingesetzt. Die vorhandenen Fachleute waren auf den Konzernzechen der Rüstungsindustrie mehr oder weniger gebunden und standen für diese Aufgabe überwiegend nicht zur Verfügung. Daher waren im Ruhrgebiet bei den OT- Fachleuten bergbauliche Begriffe aus den mitteldeutschen Raum sehr gebräuchlich. Die daraus resultierende Abgrenzung zum ortsansässigen Bergbau war von der OT durchaus gewollt - es erleichterte u.a. die Geheimhaltung.

Die Vorbereitung tagesnaher altbergbaulicher Strukturen zur Umnutzung für Luftschutzzwecke verlangte entsprechende bergsicherungstechnische Maßnahmen. Der Luftschutz benötigte größere Hohlräume als sie der tagesnahe Altbergbau  zur Verfügung stellte. Bei der Schaffung dieser Luftschutzbauten wurden die an die Baumaßnahmen angrenzenden nicht genutzten oder verbruchgefährdeten altbergbaulichen Bereiche ausgegrenzt und einer Verwahrung unterzogen. Hier wurden hauptsächlich bautechnische Maßnahmen in Form von Betonplomben, Eisenbetongewölben bzw. Eisenbetonplatten sowie erhärtender Versatz (unbewehrter Beton) als statische Elemente  verwendet. Teilweise kam auch Mauerwerk für die Errichtung von Dämmen bzw. Scheindämmen zum Einsatz. Um den wirksamen Kraftschluss der Verwahrungsmaßnahmen sicherzustellen wurde ein sog. Verwahrungshorizont definiert. Der Verwahrungshorizont ist der bergschlüssige Bereich zwischen dem Verwahrungskörper und dem (geo)statisch wirksamen Auf- oder Widerlager im Gebirge. Die wartungsfreie Haltbarkeit der Verwahrung wurde seinerzeit im Bereich Luftschutz auf ca. 50 Jahre bemessen (bergbaulich 100 Jahre).

Aber auch aufgewältigte Anlagen mussten einer Verwahrung unterzogen werden.  Erst nach Abschluss der Verwahrung sollten in den gesicherten Hohlräumen die eigentlichen Luftschutzanlagen erstellt werden, was aber in der Praxis wegen dem zeitlichen Problem kaum so erfolgte . Dabei konnte der Verwahrungskörper durchaus Bestandteil der baulichen Luftschutzanlage sein. Die Luftschutzanlage allein ersetzte aber niemals den Verwahrungskörper. Die Verwahrung war daher immer eine eigenständige, vorbereitende Sicherungsmaßnahme für die Errichtung von Luftschutzanlagen in alten Grubengebäuden.

Bis kurz vor Ende des Krieges wurden noch zahlreiche Verwahrungen fertig gestellt. Die Fertigstellungen der eigentlichen Luftschutzeinbauten hatten sich mit dem Kriegsende erledigt. 

Bei der Erstellung der untertägigen Verkehrswege, Luftschutz- und Fertigungsanlagen legten die OT-Bergbaufachleute besonders Wert auf die Berücksichtigung der hydrologischen Belange. Sie befürchteten dass eine Störung der Wasserführung die Dauerhaftigkeit der Verwahrung negativ beeinflussen könnte und die Luftschutzanlagen nachhaltig geschwächt würden. Das Wasser wurde daher teilweise sogar in Rohrleitungen oder in anderen separaten Durchflußmöglichkeiten gefasst und bevorzugt im freien Gefälle wie z.N. über die alten Bochumer Erbstollen in die Ruhr abgeleitet. Teilweise wurden dazu zusätzliche  Querschläge zu den Erbstollen vorgetrieben.

Bis zum Ende des Krieges standen im Luftschutzort Bochum nach Recherchen des Studienkreises Bochumer Bunker in weiten Teilen sanierte tagesnahe Grubengebäude mit voll funktionierenden Wasserführungen für die Luftschutztechnische Nutzung zur Verfügung.

Die Nachkriegsentwicklung

Durch den wilden Nachkriegsabbau in Bochum wurden zwischen 1946 und 1948 Verwahrungen beschädigt beseitigt und unbrauchbar. Teilweise wurde die Wasserführung gravierend verändert. Dadurch traten schon in den 1950er Jahren erste  lokale Tagesbrüche auf.

Eine hier dringend notwendige Nachverwahrung wurde aus der Unkenntnis heraus nicht durchgeführt. Anstelle einer Verwahrung wurde meist nur eine Sicherung in Form einer begrenzten Verfüllung durchgeführt. Fast durchweg wurden damals Tagesbrüche einfach  zugeschüttet, bzw. bis zur GOK “ so lange nachgefüllt”, bis an der betreffenden Stelle sich keine Kuhle mehr bildete. Und weil hierbei keine echten Verfüllungen stattfanden, konnte man im Laufe der Zeit mit den an der Oberfläche “angekommenen” Stollen, deren Verlauf erahnen

Die Begriffe „Verwahrung“ oder „Verwahrungshorizont“ waren Fremdwörter geworden. Ein aktuelles Problem stellen die heutigen „blinden“ Verfüll- und Verpressmaßnahmen dar. Hier werden tausende Tonnen Dämmer in den Untergrund geleitet ohne genauere Kenntnisse der altbergbaulichen- hydraulischen und luftschutztechnischen Zusammenhänge. Diese Maßnahmen finden oft ohne Rücksicht auf die hydrologische Belange statt. Die altbergbauliche Wasserführung scheint dabei wenig zu interessieren. Historische Aspekte aus der Zeit der Luftschutzbaumaßnahmen sind völlig unbekannt. Bei Erkundungsbohrungen aufgefundene Betonreste erzeugen meist nur viel Ratlosigkeit.

Durch diese Vorgehensweise können / sind komplette Grubenfelder von der Wasserführung abgeschnitten, trocken gefallen oder ersaufen regelrecht im eigenen Saft. Die darin enthaltenden bombensicheren Luftschutzanlagen mit den Verwahrungskörpern werden dadurch oftmals nachhaltig geschädigt. Die daraus resultierenden Auswirkungen auf das weniger stabile Grubengebäude kann ungleich größer sein.

Dadurch, dass heutzutage nur noch wenige Fachleute Kenntnisse der damaligen Gegebenheiten bzw. Verwahrungen haben, bzw. nur wenige überhaupt eine Vorstellung davon besitzen, welche Auswirkung eine „blinde“ Verfüllung zur Folge haben kann, sind Folgeprobleme prognostizierbar.

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